Anfang und Ende von Allem

Kokett, wild, unentschlossen - das war die Zelda Fitzgerald, die ich in Allens "Midnight in Paris" kennengelernt hatte. Aber so negativ diese Beschreibung auch klingen mag: Sie hatte etwas Kindliches, Leidenschaftliches und Freundliches, was sie für mich sehr sympathisch machte.

Vor einigen Wochen entdeckte ich die Serie "Z - The Beginning of Everything" auf Amazon. Für Prime-Mitglieder ist sie frei verfügbar. Ich war schon immer eine Freundin von Filmen und Serien, die einen autobiografischen Inhalt haben und musste mir so natürlich auch diese Serie einmal anschauen.
So viel vorweg: Sie ist keineswegs so, wie ich sie erwartet habe. Was ich erwartet habe? Eine sanfte, friedliche Liebesgeschichte über ein Paar, das einfach füreinander geschaffen war. Aber ich sollte mehr über dieses Paar lernen. Und über Zelda.

Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich es mir mit meinen Erwartungen auch einfach zu leicht gemacht. Sind Beziehungen immer friedlich? Selbst wenn man finanzielle Probleme hat? Wohl kaum. Durch Nähe und Reibung entsteht Wärme, bloß manchmal leider etwas zu viel ...

Und wider meiner Erwartungen bekam ich ein vielschichtiges, realistisches Bild der Beziehung zwischen Zelda und Scott. Ein Bild, dem man als Zuschauer letztendlich mehr abgewinnen kann. Da ist Scotts unglaublich geringes Selbstwertgefühl, sein geradezu wildes Verlangen es allen Recht zu machen und es allen als erfolgreicher, begabter Schriftsteller zu zeigen. Und, so gibt er seiner Zelda schon zu Beginn zu verstehen, genau dafür braucht er sie. Anfangs denkt man noch diese Abhängigkeit bestehe nur auf der emotionalen Ebene, aber sie findet sich noch auf einer anderen.

Zelda war Scotts Muse. Sie inspirierte ihn, insbesondere mit dem was sie schrieb. Er war sich nicht zu schade, Passagen aus ihren Tagebüchern zu klauen (nennen wir es beim Namen, es ist Diebstahl). Und als ein Verleger vorschlägt, ihr Tagebuch zu veröffentlichen, ist er erst dagegen. Weil ER ihre Texte verwenden möchte und, so scheint es, seinen finanziellen Ruin kommen sieht, wenn er es nicht tun könnte. Das wirft ein anderes Bild auf den anfänglich so stolz und begabt wirkenden Schriftsteller. Aber auch Ikonen haben ihre Schwächen.




Auch wenn Zelda an der Seite von Scott keine wirklichen Karriere- und Entfaltungsmöglichkeiten hat, sich sogar teilweise vollkommen einsam fühlt, wenn er schreibt und schreibt und niemand mit ihr Zeit verbringen kann, weil sonst niemand da ist, so nimmt sie das doch alles hin und bleibt an seiner Seite. Ob im echten Leben weiß ich leider nicht, aber zumindest in der ersten Staffel der Serie. (Ich spreche hier im Allgemeinen von meinen Eindrücken der Serie. Garantie, dass es wirklich so war, gibt es da leider nicht). Sie lieben sich, wohl mehr als jeden anderen Menschen. Aber sie zerstören sich gegenseitig. Auch wenn es oberflächlich leidenschaftliche Momente (wie man sie aus Filme so kennt) nicht oft in dieser Staffel zu sehen gibt, so führen sie eine leidenschaftliche Liebe. Eben weil sie lieben und gleichzeitig leiden. Und eben doch nicht ohne einander können. Von Beginn an stimmt die Chemie ... und das tut sie auch bis zum Schluss. An dieser Stelle sind wohl auch die beiden Hauptdarsteller Christina Ricci und David Hoflin besonders zu loben. Sehr sehr gut und echt gespielt.

Christina Riccis Gesicht kannte ich bereits, richtig wahrgenommen hatte ich sie aber bisher noch nicht. Sah ich anfangs noch eine Christina Ricci mit blonden Haaren, wenn ich eine Folge der Serie schaute, so sah ich hinterher, es war wohl etwa ab Folge drei oder vier, nur noch Zelda. Da war keine Schauspielerin mehr, ich sah eine vollständige, authentische Person mit all ihren Stärken und Schwächen, ihrem Mut und ihren Ängsten. Man merkt Ricci an, dass sie als Produzentin dieser Serie fest von ihr überzeugt war und die wahre Zelda der Welt zeigen wollte. Und so spielt sie sie nicht nur, sie ist Zelda. Und das ist brilliant.






Wie ist also die Zelda, die wir in der Serie kennenlernen? Kokett? Ja, aber gleichzeitig unglaublich humorvoll und schlagfertig. Und das alles eben, weil sie unglaublich klug ist. Wild? Am Anfang vielleicht schon, doch ehrlich gesagt merkt man von Anfang an, dass sie mehr emotionale Reife hat als Scott. Und dass sie in der Beziehung mit ihm reifen und die Reifere sein muss ... Unentschlossen? Wohl eher offen für Anderes und Neues. Und auch für ihre Mitmenschen. Statt unentschlossen würde ich sagen "auf der Suche", denn das sind wir doch alle. Zelda ist jemand, den ich für ihren Mut, ihre Leidenschaft und Unabhängigkeit bewundere. Und letztendlich auch dafür, dass sie Entscheidungen trifft, die nicht unbedingt ihr, sondern anderen zu Gute kommen.
Zelda ist für mich jemand, den ich gerne als Freundin hätte. Und ich kann verstehen, warum Scott Fitzgerald sagte, sie sei der Anfang und das Ende von Allem gewesen.



Alles Liebe, eure Juli






Bildquellen:

1 und 2: http://www.glamourmagazine.co.uk/article/z-the-beginning-of-everything-amazon-prime-christina-ricci

3: http://www.npr.org/2013/09/03/216164420/for-f-scott-and-zelda-fitzgerald-a-dark-chapter-in-asheville-n-c

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